Die Sierra de la Gata …

… habe wpid-20150510_141712.jpgich heute schweren Herzens hinter mir gelassen. Zu Beginn war ich ja etwas irritiert von dem Leben des ‚Anderen‘ und heute sehe Manuel tief in mein Herz eingeschlossen. Der schrullige Emerit ist ein unglaublich lieber und toller Mensch und seine vielen Geschichten werwpid-img-20150510-wa0030.jpgden mir wirklich fehlen.Wir hatten tolle Gespräche und er hat mir sehr viel beigebracht. Ich komme gerne wieder …

Pia und Jonathan werde ich ebenfalls nicht vergessen. In beiden habe ich zwei neue Freunde gefunden. Pia hat mir zum Abschied eine Schnitzerei geschenkt – diese ziert jetzt die Amatur von ‚Caracol‘.

Wie meine Oma hat er Hefepfannkuchen gebacken – nach portugiesischem Rezept (die vegane Alternative? –> siehe vorheriger Beitrag) – und gestern hat er mir dann noch die nahegelegene Käserei gezeigt. Der kleine Familienbetrieb versorgt auf seinen breiten Ländereien 500 Ziegen und stellt den Käse aus eigener Hand her. Der Melkprozess erfolgt jedoch mechanisch.

Glückliche Ziegen mit herrlichem Aublick auf die Sierra de la Gata

Glückliche Ziegen mit herrlichem Aublick auf die Sierra de la Gata

Heute, am letzten Tag, sollte ich Manuel aus Gata noch einmal Tabak auf seiner Arbeitsstelle vorbeibringen. Er zimmert bei Javi auf der Baustelle die Fenster für dessen ‚Schneckenhaus‘. Der Name deshalb, weil das Haus den Grundriss eines Schneckenhauses hat. wpid-img-20150511-wa0006.jpgJavi erfüllt sich auf seinem Stück Land einen Traum. Das Haus ist nach umweltfreundlichen und nachhaltigen Maßstäben geplant und errichtet worden. Zudem hat sich Javi ein paar clevere Ideen für eine zirkuläre Klimatisierung seines Hauses überlegt, weshalb dieses im Winter warm und im Sommer angenehm kühl bleiben wird. Das Haus liegt, ebenso wie die kleine Finca von Manuel, Er gestaltet die einzelnen Terrassen des Grundstücks nach den Grundprinzipien der Permakultur. Diese besagen, dass der Mensch mit geringem Einfluss auf die Natur Pflanzen säen und ernten kann, ohne dabei das Ökosystem aus dem Gleichgewicht zu bringen. Auf Javis Grundstück beispielsweise verfügt jede Terrasse über eine eigene spezifische Klimazone, welche jeweils den Anbau entsprechender Pflanzen erlauben. wpid-img-20150511-wa0005.jpgAm nahegelegenen Fluss herrscht demnach nahezu tropisches Klima. Permakultur heißt, die Natur zu beobachten und mit den Ergebnissen verschiedener Erhebungen den optimalen Anbau sowohl für Flora als auch für Fauna zu ermöglichen. Javi hat mir unglaublich viele Anstöße für den weiteren Verlauf meines Lebens gegeben. So ist er selbst mit einem Campingbus durch die Länder gereist um den richtigen Ort für sein Projekt zu finden. Gleichgesinnte Javis gibt es in ganz Europa – in Hamburg kann man sogar permakulturellen Anbau sogar als Studienfach belegen. Leider behindert die kapitalistische Industrie die Etablierung permakultureller Ansätze. Die Eigenversorgung der Menschen durch derartige Lebensentwürfe ist in der westlichen Welt eher unerwünscht. Nichtsdestotrotz sehe ich in dieser Form der Lebens- (und Natur-) gestaltung einen erfolgreichen und friedfertigen Weg das System zu bekämpfen.

v.l.n.r.: Pia, Jonathan, Javi, Manuel

v.l.n.r.: Pia, Jonathan, Javi, Manuel

Wer sich für Javis Permakultur-Projekt interessiert, kann sich seiner Facebook-Seite über dessen Verlauf informieren. Javi sucht zudem Volontäre, die ihm bei der Verwirklichung seines Traums behilflich sind. Wer sich für Permakultur interessiert und eine Lernerfahrung mit einer schönen Zeit in der Sierra de la Gata in Extremadura verbinden will, ist bei ihm richtig.

Perma-Beet - Eine Symbiose verschiedener Pflanzen

Perma-Beet – Eine Symbiose verschiedener Pflanzen

Der zweite Tag bei Manuel …

… war sehr spannend – genau wie der heutige. Gestern Nachmittag hat mir Manuel einen Freund vorgestellt. Simon ist ein freundlicher alter Hippie, der sich auf einem nahegelegenen Grundstück ein Aussteigerparadies errichtet hat.wpid-img-20150506-wa0028.jpeg Wir bekamen von ihm zwei prächtige Salatköpfe, mit denen wir unser Abendessen zubereiteten. Dazu gab es im Holzofen gebackenes Brot. Ich selbst habe ein Sesambrot gemacht, was mir sehr gut gelungen ist. Das fertige Brot hat wunderbar nach Pizza gerochen. Wir saßen draußen im Zwielicht und haben uns dann wieder lange unterhalten während die Öllampe brannte, die ich mit Manuels Hilfe selbst gemacht habe.Dafür verwendet man lediglich eine alte Konservendose, deren Deckel man durchlöchert. Den Docht zieht man dann durch besagtes Loch und füllt die Dose mit einfachem Speiseöl (wir nahmen Sonnenblumenöl). Manuel gab mir den Tipp, dass wenn ich keinen im Handel erhältlichen Docht hätte, könne ich auch ein Tampon nehmen. Wenn der Docht dann Öl gezogen hatte, war die kleine Lampe fertig für den Gebrauch.

Heute sind wir dann in die Bäckerei des nächsten Dorfes Gata gefahren. Das Holz, welches wir gestern gesammelt und gestapelt haben wurde dort umgehend für die Beheizung des Ofens verwendet wurdwpid-img-20150507-wa0016.jpege. Der Ofen war von ganz besonderer Art: Hinter der Klappe drehte sich eine riesige Scheibe, worauf Brot und Gebäck abgelegt wurden. Nach einer Umrundung kam beides dann fix und fertig wieder an der Öffnung an. Die Bäckerin gab mir einen fertigen Magdalena (Muffin), der so gut schmeckte wie die Bäckerei roch. Ich war fasziniert, wie die Bäckerin mit der Teigspritze jede Muffin-Form exakt gleich füllte ohne nur einen Klecks daneben gehen zu lassen. Bei mir zu Hause sieht die Küche stets wie ein Schlachtfeld aus, wenn ich mich ans Backen mache. =)

Anschließend haben wir begonnen, die Wiese zu mähen und das Gras zusammenzusammeln. Manuel erklärte mir, wie er Permakultur betreibt. Was genau Permakultur ist und wie sie funktioniert, werde ich jedoch morgen etwas genauer erläutern. Wie haben zunächst den Rahmen für eine Beet-Begrenzung gegraben und zu deren Errichtung Baumstämme aus dem Wald gesammelt. Morgen werden wir das Beet fertig machen und dort Kartoffeln und Rucola-Setzlinge einpflanzen.

In diesem Heuhaufen habe ich eine Nadel versteckt ...

In diesem Heuhaufen habe ich eine Nadel versteckt …

Leider hat die Motorsäge für heute den Geist aufgegeben weshalb wir die Baumstämme nicht zurechtsägen konnten. Und weil wir einfach cool sind, beschlossen wir, lieber ein Stück am Fluss entlangzuwandern um an einer tiefen Stelle ein Bad zu nehmen. Wir ‚schwammen‘ durch das Dickicht aus jungen Mimosa-Pflanzen und Farnen. Ich kam mir vor wie in einem riesigen Dschungel und es erschien mir wie eine Ewigkeit bis wir die Stelle erreichten, die Manuel zum Baden vorgesehen hatten. Das Wasser war zuerst eiskalt, doch dann total erfrischend. Manuel badete nicht nur sich, sondern auch seine beiden Hündinnen, die diese Prozedur folgsam über sich ergehen ließen. Chillie hält vom Gebadet-Werden herzlich wenig und zog es vor, aus allen Ecken des ‚Dschungels‘ Stöcke hervorzuzaubern, die wir ihm in das flache (!) Wasser warfen. Als ich dann richtig Schwimmen ging, weinte mir der Gute wieder hinterher. Ich vermute, er hat dann Angst, ich könne ertrinken. Er selbst traut sich die Schwimmerei nicht zu. Nach unserer Rückkehr telefonierte ich mit der Heimat. Ich fühlte mich sehr ausgeglichen.

Jetzt bereiten wir das Abendessen zu – es gibt weider Salat mit Brot. Denn von letzterem haben wir gestern mehr als genug gebacken. Morgen kaufen wir ein Ersatzteil für die Säge und erwarten die Ankunft zweier weiterer Gäste, die Manuel erwartet. Soweit ich weiß, sind es zwei Deutsche – sie kommen per Bus aus Madrid und versuchen dann zu trampen.
Ich bin erstaunt, wie schnell ich mich an Manuels verrückte Routine gewöhnt habe. Er zeigt mir viele Tipps und Tricks und basiale Techniken zum Überleben in Wald und Wiese. Er ist ein herzensguter Mensch, doch glaube ich, dass er sehr einsam hier draußen im Wald lebt und das, obwohl ihn hier jeder in der Umgebung kennt und mag. So sehr ich den Emeriten um sein Leben am Fluss beneide, möchte ich diesen Weg jedoch auf keinen Fall alleine beschreiten müssen …

Einsiedlerleben hinter den sieben Bergen ...

Einsiedlerleben hinter den sieben Bergen …